Leseprobe:
#Soists,
von Rainer Langhans
Chance
Du willst ein neuer Mensch werden, du wirst ein neuer Mensch werden, Ergreife die Chance, indem du nach dem Tod des Alten in dir oder nach dem Tod des Körpers diese Chance des neuen Lebens siehst, daran glaubst und sie dann auch tatsächlich ergreifst, vielleicht sogar im
alten, dafür etwas umgebauten Körper. Du sagst: Ja, ich werde ein neuer Mensch. Ich muss herausfinden, wie das aussieht, muss mir dieses neue Leben also ausdenken, wie es aussehen könnte. Wieder können wir dafür aus dem Osten Beispiele und Erzählungen beziehen. Hier im Abendland gibt es wenige oder fast keine. Nämlich: Lerne zu sterben oder stirb, um richtig zu leben!
Nichtsterbenwollen
Der alte Körper, die alten Muster des Körpers, im Wesentlichen
der Verstand, das Gemüt, müssen sterben, um ein neues, ein
anderes Leben, eine andere Welt entstehen zu lassen. Es geht
um einen anderen Menschen. Wie wird der sein? Das ist her-
auszufinden und natürlich verstellt, weil sehr schmerzhaft ver-
unmöglicht: So ist der Schein, durch dieses Nichtsterbenwollen
der alten Welt, der alten Muster, des alten Systems, des alten
Verstandes, des alten Gemüts.
Drohung
Natürlich wird der Körper immer drohen: Wenn du mich verlässt,
wirst du entsetzliche Schmerzen erleiden, also mach's besser nicht. Oder er behauptet: Ich will nicht sterben, ich bin doch unsterblich. Wieso sterbe ich? Oder er wird drohen: Wenn du mich runterfährst, bist du tot/ Der Körper wird schließlich Recht behalten: Es gibt kein Überleben des Todes? Unsere Ostleute sagen das Gegenteil: Doch das gibt es. Und da wir glücklicherweise davon gehört haben, glaube ich: Ja, du und jeder, der diesen Weg geht, wirst leben, du wirst neu leben, du wirst besser leben! Du wirst tatsächlich aus dem alten schrecklichen
Leben in ein neues Leben hineinfinden. Das ist es, was du tust.
Du stirbst nicht an Krebs, sondern du wirst leben durch Krebs.
Richtig leben
Wiedergeburt
Die alte Welt wird nicht einfach nur sterben. Das wäre schrecklich und keiner will das. Sie wird aber stark herunterfahren, sich damit sehr verändern, sie wird einen neuen Körper, eine neue Materialität gebären und durch diesen Tod hindurch überhaupt erst ein neues Leben ermöglichen. Anders geht es nicht. Wir haben es immer wieder versucht, in diesem Körper ein gutes Leben hinzubekommen: Es ist keinem gelungen. Wir haben dafür sogar Revolutionen veranstaltet. Aber auch sie sind alle gescheitert.
Schwanken
Ich denke, dass wir in einer neuen Epoche leben. Dafür gab es
endlich mal eine große spirituelle Revolution und nicht wie
immer früher eine rein materielle oder nur verstandesmäßige
wie zum Beispiel die Aufklärung. Denn in die ersehnte Welt kann
uns nur eine spirituelle Revolution tragen, dorthin, wohin wir
eigentlich gehören. Ich würde daher sagen: Ja, wir machen es.
Es läuft bereits alles, das ist gut. Aber bisher erleiden wir diesen Prozess nur, wir schwanken, zweifeln und verzweifeln häufig. Wir scheitern in ihm immer wieder, weil unser Glaube daran noch immer zu schwach ist. Wenn wir diesen Prozess mit mehr Glauben und mehr Bewusstheit ergreifen, indem wir uns mit ihm identifizieren, dann wäre die Schönheit, die auf uns wartet, schon in diesem Draufzugehen zu erleben und die Schmerzen würden verschwinden.
Rainer Langhans, #Soists, 2017, 110 - 1