Biographie: Anna Werner

Anna Werner (geboren 1941) war seit den 70ern Teil der weiblichen Kommune "Harem". Fotografin, als Folk-Duo mit Schwester durch die US-Hippie-Szene. 

Anna's Weg nach innen

 

Ich wuchs mit meiner Schwester Frauke am Walchensee auf. Meine Mutter führte das dortige „Café Bucherer“, mein Vater war Maler und Fotograf. Mit Frauke zog ich im Dirndl per Jodeln/Hackbrettspiel in den Sechzigern aus dem dörflichen Mief in ein Abenteuer: erst durch Mexiko und dann landeten wir mitten im „Summer of Love“ in San Francisco. Wir ließen uns begeistern und unsere Musik bekam den Touch des Aufbruchs. Dort traf ich Jazon Wonders, den späteren Vater meiner Tochter Janna. Aber eine tiefere Bindung gelang mir nicht. Mich zog es zurück nach München, wo wir nach einem sinnvollen Leben suchten und trafen Rainer Langhans, der von einem indischen Meister initiiert war. Frauke war immer die Aufgeregte von uns beiden, schnell begeistert und ich eher etwas zurückhaltend. Bei Rainers Meister sah auch sie ihren Weg. Als der Meister verstarb, drehte Frauke durch und musste in die Therapie. 

Während ich auf der Suche nach einem Ashram durch Indien reiste, erreichte mich die Nachricht des tödlichen Autounfalls meiner Schwester. Was war wirklich passiert? Ein Selbstmord? Ich war verwirrt und suchte unbewusst eine andere Familie, machte mir Mut, meinen eigenen Weg zu finden. Daher schloss ich mich Rainer an, um den sich auch andere Frauen versammelt hatten. Meine Tochter wurde geboren. Später wurde unsere Kommune der Frauen Jutta, Brigitte, Gisela, Christa und ich sowie Rainer von den Medien „Harem“ genannt. Wir waren genau das Gegenteil einer europäischen Fantasie des Orients: Wie Rainer begannen wir, uns intensiv mit uns selbst zu beschäftigen, unsere Prägung zu hinterfragen, dahinter einen spirituellen Weg zu suchen. Das hat bei mir alles Bekannte zunächst auf den Kopf gestellt, war irgendwie großartig. Es stieß mich aber auf mein größtes Problem: die Kälte meiner Mutter, ihre Einsamkeit. Diese Prägung wirkte als Erbe in mir und schränkte mich ein. Daher nannten mich die Frauen erstmal "Fußabtreter". An ihrer Seite schien es mir irgendwann unmöglich, mich von dieser Prägung zu befreien. Daher ging ich zurück an den Walchensee ganz direkt zu meiner Mutter. Aber die mühsamen Streits mit ihr dort im Café warfen mich stattdessen zurück und so arbeitete ich schließlich am Film „Walchensee Forever“ meiner Tochter mit. Es ging um die schicksalhafte Macht von vier Frauen-Generationen hier im Café, komponiert aus privatem Film- und Fotomaterial unserer Familie. Vor zwei Jahren wurde der Film ein echter Publikumserfolg und mit vielen Preisen ausgezeichnet, u.a. dem Bayerischen Filmpreis. Die Suche nach Befreiung von meiner Mutter-Prägung hält an.